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Israel, We Stand With You - Ein Projekt gegen Antisemitismus (seit 2014)

Als unsere Gemeinde vor rund 30 Jahren entstand, wussten wir bereits, dass Israel eine besondere Rolle im Heilsplan Gottes hat. Doch damals fehlte uns noch vieles an theologischem Verständnis, Lehre und praktischer Einordnung. Wir wussten zwar, dass Israel das erwählte Volk Gottes ist, aber dieses Wissen hatte zunächst nur wenig Einfluss auf unseren Alltag.

In den folgenden Jahren begegneten uns immer wieder Menschen, die auf diesem Weg weiter waren als wir. Besonders prägend war eine etwa zehnjährige Phase, in der uns ein jüdischer Bruder aus Israel immer wieder besuchte und lehrte – über Israel, über Anbetung und über Gemeinschaft. Diese Zeit prägte uns und war einer der Gründe für eine wachsende Sehnsucht nach einem tieferen Verständnis unserer jüdischen Wurzeln.

Später begannen vor allem junge Menschen aus unserer Gemeinde, längere Zeit in Israel zu verbringen. Fragen wurden lauter: Was bedeutet es für unseren Alltag, an den jüdischen Messias zu glauben? Wie lebten die ersten Christen? Welche Rolle spielten die biblischen Feste, die auch von ihnen weiterhin gefeiert wurden? Und wie kam es zur historischen Distanzierung vom jüdischen Erbe? Immer klarer wurde uns: Unser Glaube ist zutiefst verwoben mit der Geschichte und Berufung Israels – mit Jesus, der als Jude geboren wurde, von jüdischen Propheten angekündigt und von jüdischen Jüngern in den Nationen bezeugt.

Ein entscheidender und bis heute anhaltender praktischer Ausdruck dieser Entwicklung begann im Jahr 2014 – bei einem Besuch von Marcus und Karolina an der Klagemauer. Dort entstand im Gebet der tiefe Wunsch, jüdischen Menschen und Israelis sichtbar zur Seite zu stehen, ein Zeichen gegen Antisemitismus zu setzen und Menschen zu helfen, eine Begegnung mit dem lebendigen Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs zu haben. Aus diesem Moment heraus wurde das Projekt „Israel, We Stand With You“ geboren.

“Dort entstand im Gebet der tiefe Wunsch, jüdischen Menschen und Israelis sichtbar zur Seite zu stehen, ein Zeichen gegen Antisemitismus zu setzen und Menschen zu helfen, eine Begegnung mit dem lebendigen Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs zu haben.”

Da Musik seit vielen Jahren ein zentraler Teil unseres geistlichen Lebens ist und wir immer wieder erlebt haben, wie Gott Menschen durch Musik berührt – auch mitten auf den Straßen unserer Stadt, wie uns sogar Passanten ohne religiösen Hintergrund bestätigten –, wurde Musik ganz natürlich zur Ausdrucksform dieser Berufung.

Aus dem inneren Impuls an der Klagemauer erwuchs der konkrete Schritt, mit genau dieser Musik nach Israel zu gehen und Menschen auf den Straßen dort in Demut und Liebe zu begegnen. Nur wenige Wochen später standen wir mit batteriebetriebenen Verstärkern in den Straßen Jerusalems, sangen, verteilten Postkarten mit Segenswünschen aus Deutschland, kamen mit Menschen ins Gespräch – und erlebten schon im ersten Jahr zutiefst bewegende Momente.

Die folgenden Jahre & der 07. Oktober 2023

Aus diesen ersten Einsätzen wurde ein Weg, der uns seither mindestens einmal im Jahr mit einem Team auf die Straßen Israels führt. Viele Freundschaften sind entstanden und bestehen bis heute. Menschen aus unserer Gemeinde und Freunde aus Deutschland sowie aus verschiedenen europäischen Nationen – England, Polen, der Ukraine, den Niederlanden – sind zum ersten Mal mit uns nach Israel gereist und kamen verändert zurück: mit einer neuen Sicht auf Israel, auf sich selbst und auf den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs.

Mit den Jahren ist unser Verständnis immer weiter gewachsen – durch Gespräche, durch gelebte Beziehungen und durch die Erfahrung, wie entscheidend echter menschlicher Austausch ist. Medien können oft nur ein akzentuiertes, perspektivisches Bild vermitteln.

Wir wollen diese Lücken durch persönliche Begegnungen, Freundschaften und gemeinsame Erfahrungen überbrücken oder zumindest ergänzen. „Education through encounter“ ist für uns zu einem tragenden Prinzip geworden: Verständnis entsteht dort, wo Menschen einander wirklich sehen, zuhören und miteinander unterwegs sind.

Die meisten Begegnungen finden auf den Straßen statt – mit Menschen, die wir vorher nicht kannten und die wir mitten in ihrem Alltag antreffen. Diese Momente sind oft geprägt von tiefem Austausch, Tränen, Lachen und Umarmungen. Immer wieder werden wir auch in israelische Haushalte eingeladen, hören Lebensgeschichten, teilen unsere eigenen und erleben, wie sich Beziehungen Jahr für Jahr vertiefen. Diese Einladungen führen uns zu Menschen aus ganz unterschiedlichen jüdischen Hintergründen – ultraorthodox, nationalreligiös, traditionell, säkular.

Dass wir am 7. Oktober 2023 und in den darauffolgenden Tagen selbst in Israel waren, hat diesem Projekt eine neue Tiefe gegeben. Wir haben das Leid, die Erschütterung und zugleich den unerschütterlichen Lebensmut der Menschen unmittelbar miterlebt. Diese Erfahrung hat unsere Freundschaften gestärkt, unsere Verantwortung vertieft und unseren Auftrag noch deutlicher gemacht.

 In vielen Begegnungen konnten Misstrauen und Vorurteile abgebaut werden, während Vertrauen, Verständnis und Freundschaft gewachsen sind.

Über die Jahre hinweg wurden zehntausende handgeschriebene Postkarten verteilt, viele hebräische Lieder sind entstanden und unzählige Gespräche auf den Straßen geführt worden.

Training, Lehre und Erinnerungskultur

Mit den Jahren gewann der Bereich von Lehre und Aufklärung zunehmend an Bedeutung – in Schulen, Workshops, christlichen Gemeinden und bei verschiedensten Veranstaltungen, sowohl in Israel als auch in Deutschland, unter Juden, Christen und Menschen mit säkularem Hintergrund. Immer wieder dürfen wir dazu beitragen, Vorurteile abzubauen und Steine der historischen Trennung aus dem Weg zu räumen. Dort, wo zuvor Unsicherheit oder Distanz herrschte, kann so neue Hoffnung entstehen.

Wir verstehen dieses Projekt als gelebte Freundschaft – als Brücke der Begegnung, die Christen unterschiedlicher Traditionen und das jüdische Volk miteinander, aber auch mit ihrem Gott verbindet. Unser Anliegen ist es, aufzuklären, zu erinnern und mitzuhelfen, Mauern der Trennung – historisch, kulturell und geistlich – weiter einzureißen. Unser Herz schlägt dafür, Räume zu gestalten, in denen Menschen einander begegnen, zuhören und den Wert des Gegenübers neu entdecken können. So entsteht ein klareres Verständnis der eigenen Geschichte, der Realität des Antisemitismus und der gemeinsamen Wurzeln unseres Glaubens.

Unser Beitrag mag klein sein, wie ein einzelnes Puzzleteil. Doch gerade dieses Puzzleteil möchten wir treu und mit Liebe ausfüllen.